Bürgerstiftung zeichnet engagierte Bürger und Projekte aus
„Für die geförderten Grundschulkinder war die Lernbegleitung ein wahrer Segen“, freute sich Andreas Merkel vom Hirt-Merkel Lerntreff. Die Konsequenzen der Schulschließungen während der Anfangszeit der Pandemie trafen die Erst- und Zweitklässler besonders hart. Die Bürgerstiftung Rastatt war federführend beim Projekt Bildungsgutscheine und ermöglichte in Kooperation mit den drei Organisationen Kiwanis Club Rastatt, Lions Club Rastatt und Rotary Rastatt/Baden-Baden, die Finanzierung von 16.000 Euro, um Lernrückstände auszugleichen. Im Jahr 2021 konnten 24 Grundschülern der Hans-Thoma- und der Hans-Jakob-Schule für sechs Monate Nachhilfestunden in Anspruch nehmen. Prof. Dr. Dirk Böhm, Jugendbeauftragter des Lions Club, lobte das gemeinsame Projekt als vorausschauend und effizient. Es sei nun beendet, da seit Beginn des Schuljahrs 2021/22 das Kultusministerium Baden-Württemberg das neue Förderprogramm „Lernen mit Rückenwind“ als schulische Unterstützung anbiete.
„Wo können wir helfen?“ ist der Leitgedanke der Bürgerstiftung. Die Fördersummen seien kein Ersatz für öffentliche Gelder, so der Vorsitzende Björn Sucher, sie können aber bürgerliches Engagement auf schnellem Weg und unbürokratisch unterstützen. Beim diesjährigen Empfang der Bürgerstiftung im Rossi-Haus konnten sieben ganz unterschiedliche geförderte Projekte aus den Jahren 2020 und 2021 in Augenschein genommen werden. Gegründet 2007 mit dem Anspruch gemeinnützige Aktivitäten zu fördern, unterstützt die Stiftung Vereine, Gruppierungen und Einzelpersonen finanziell. Pro Antrag können zwischen 500 und 1000 Euro an Unterstützung gewährt werden. Die Geldbeträge werden über Zinserträge des Stiftungskapitals und Spenden erwirtschaftet. In den vergangenen zwei Corona-Jahren wurden aber deutlich weniger Anträge gestellt, da das ehrenamtliche Engagement zurückgefahren wurde.
Dass die finanzielle Hilfe ankommt, machte Sybille Kirchner deutlich, die die Fördergemeinschaft der Freunde der Augusta-Sybilla-Schule vertrat. Das Projekt Konfliktlösungstraining für Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse werde kontinuierlich vom Bürgerverein gefördert und zeige positive Ergebnisse. Für Sozialpädagogin Petra Möller, die die jährlichen zweiwöchigen Inklusions-Ferienfreizeiten für Kinder und Jugendliche mit und ohne Handicap seit 11 Jahren organisiert, ist das anhaltende Engagement des Bürgervereins ein Segen.
„Wir freuen uns, nachhaltig und dauerhaft helfen zu können und sind immer interessiert an neuen Ideen und Projekte“, sagte Sucher. So förderte die Bürgerstiftung im Jahr 2020 die autobiografische Publikation des Rastatter Heimatforschers Hermann Stimmler, der als Zeitzeuge sein Alltagsleben als Jugendlicher unter dem Nationalsozialismus schildert.
Neu unterstützt wurde die Rastatter Galerie KunstRAum, die von Harald Hemprich und Oliver Hurst geleitet wird. Kurz nach der Eröffnung Ende 2020 musste pandemiebedingt geschlossen werden. Seit Wiedereröffnung im Juni 2021 wechseln im monatlichen Rhythmus die Ausstellungen. „Wir sind keine Kunstgalerie im herkömmlichen Sinne, sondern sehen uns als kulturpädagogisches Institut“, erklärte Hemprich. In der Galerie in der Kaiserstrasse werden nicht nur Malereien, Fotografien und Skulpturen ausgestellt, sondern auch Lesungen und Theateraufführungen angeboten. Als stetig wachsender Anziehungspunkt für Kunst- und Kulturinteressierte und als Beitrag zur Belebung der Innenstadt, freute sich die Bürgerstiftung das Projekt zu unterstützen.
Über finanzielle Zuwendungen in der Vergangenheit konnte sich auch das Phoenixtheater e.V. freuen. Tom Allgeier betonte, dass die Summen den verschiedenen Arbeitsgemeinschaften innerhalb des Vereins zugutekämen und das Vereinsziel unterstütze, jedes Jahr mit einem generationsübergreifenden Ensemble ein Theaterstück aufzuführen.
Ein langjähriges Engagement der Bürgerstiftung sind auch die Bläserklassen an der August-Renner-Realschule. Musiklehrer Benjamin Jakob lobte die musikalische Arbeit ab Klasse 5, die vor sechs Jahren begann. Angedacht für nur zwei Schuljahre, war die Begeisterung am Erlernen eines Musikinstruments unter den Schülern so groß, dass das Projekt bis in die Abschlussklassen durch die finanzielle Unterstützung am Leben erhalten werden konnte.
Für das Jahr 2022 strebt die Bürgerstiftung eine Zusammenarbeit mit allen Bürgervereinen in Rastatt an. Eine gemeinsame Internetplattform solle entwickelt werden, um die Vereine zu vernetzen und den besseren Austausch im Zuge von Projektentwicklungen in den Stadtteilen zu ermöglichen.
Freud und Leid gehen oft Hand in Hand. Am Ende des Empfangs bedauerte Sucher den mit 500 Euro dotierten Bürgerpreis 2021 nicht mehr an Annegret Klimek, die Anfang 2022 verstarb, für ihr Lebenswerk vergeben zu können. Auch die langjährige Mitarbeit des verstorbenen Vorstandsmitglied Harald Löffler würdigte Sucher im Namen der Stiftung.
Die Veranstaltung wurde musikalisch umrahmt vom Saxofonisten Pit Soave.
Text und Bild: Xenia Schlögl